Doppelt Wehmut

Wehmut trifft meine momentane Stimmungslage gleich in doppelter Hinsicht. Zum einen, weil ich nach intensivem Fragen und Nachdenken zu dem Entschluss gekommen bin, nach dem Ende des Vikariats im kommenden Herbst Erlangen zu verlassen. Nach 25 Jahren und vielen unschätzbaren, prägenden Erfahrungen mit einer rundherum außergewöhnlichen,   engagierten Gemeinde wird das ein gewaltiger Umbruch für mich persönlich und die ganze Familie.

Nun, wo der Abschied in Sichtweite kommt, färbt das auch die Erinnerungen noch einmal anders ein. Mit Wehmut, laut Wikipedia „ein Gefühl zarter Traurigkeit, hervorgerufen durch Erinnerung an Vergangenes“. Kein Abschied ohne Schmerzen – aber Schmerzen der guten Art, denn sie zeigen, was wertvoll ist.

Die Stelle für den Probedienst, so heißt die nächste Etappe von drei Jahren, kann man sich nicht aussuchen, die wird einem zugewiesen. Das heißt, die Zukunft ist noch nicht sichtbar, also kann die Vorfreude auf das Neue die Wehmut auch nicht überlagern oder kompensieren (es wäre wohl auch gar nicht gesund).

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Ein Bild, das mich trägt, ist für mich in dieser Situation das der keltischen peregrinati – insbesondere die Geschichte jener Mönche, die ihr Coracle bestiegen, aufs Meer hinausfuhren und dann die Ruder über Bord warfen – im Vertrauen auf Gott und in der Erwartung, dass er Gottes Wind ihr kleines Boot schon an den richtigen Ort weht (und ich unterwegs nicht an den Klippen des zweiten kirchlichen Examens zerschelle…).

Das ist die andere Art von Weh-Mut: Der abenteuerliche Entschluss loszulassen, sich auf eine Situation einzulassen, die man nicht beherrscht, zu vertrauen. Nicht in der naiven Vorstellung, dass das Neue einfacher, schöner oder besser wäre. Aber sehr wohl in der Erwartung, Gott an dem neuen Ort, an den es mich hinweht, zu entdecken und mich dem anzuschließen, was er dort tut.

Bis auf Weiteres werden beide Formen von Wehmut mich begleiten. Der Anker ist gelichtet, das Boot schaukelt auf dem Wasser.

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Nicht ganz dicht?

Kürzlich unterhielt ich mich mit einem CSU-Stammwähler. Er hatte bei der Bundestagswahl grün gewählt, weil er Merkel unterstützen wollte – aber Seehofer ablehnt, der Staatsanwälte gegen Pfarrer einsetzt, die Kirchenasyl gewähren, der Obergrenzen für Humanität fordert, den Nationalisten und Autokraten Viktor Orbán hofiert oder die Lügen der heimischen Autoindustrie viel zu lange schöngeredet und belohnt hat.

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Tim Gouw

Nun hat die CSU ein historisch schlechtes Wahlergebnis eingefahren und Seehofer will „die rechte Flanke“ dicht machen. Sein Kollege Tillich aus Sachsen tutet ins gleiche Horn. Auch der hatte sich nach rechts nur äußerst ungern und selten abgegrenzt, immer viel „Verständnis“ für den Rassismus, die Islamophobie, die Europafeindlichkeit, den passiv-aggressiven Autoritarismus, der der AfD so viele Stimmen beschert hat, und einen ähnlichen Hang zum Exzeptionalismus.

Dieses Verständnis hat die Rechten jedoch erst richtig stark gemacht. Ein kurzer Blick nach Österreich hätte genügt, um zu verstehen, dass das nicht funktioniert. Im Zweifelsfall wählen die kulturell Abgehängten (oder „der Ostmann“) eben das giftige Original, nicht die Kopie, die letztlich doch wieder mit der Hassfigur Angela Merkel kooperiert. Nach dem Austritt aus der AfD denken Petry und Pretzell nun auch noch laut über eine Art „bundesweite CSU“ nach. Dann bliebe rechts noch weniger Platz zum Rutschen.

Einigen Funktionären dämmert schon, dass die rechte Flanke nicht mehr „dicht“ zu kriegen ist, wenn man die Mitte nicht verlieren will. Etwa, indem man die Entfremdung zwischen Partei und katholischer Kirche weiter verschärft, die – anders als in Polen und Ungarn – keinen nationalkonservativen Kurs stützt. So oder so dürfte die Ära der absoluten CSU-Mehrheiten mit dem Einzug der neuen Rechten in die Parlamente dem Ende entgegen gehen.

Es ist also einiges in Bewegung. Das könnte für Bayern durchaus eine gute Nachricht sein. Allen Klartextverliebten in der CSU, die so gern „Kante zeigen“, sollte inzwischen klar sein: Es kann nicht darum gehen, noch weiter nach rechts zu rutschen. Stattdessen gilt: Abstand wahren, und das bitte konsequent, und bitte gleich.

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