Zähe Gespräche, fruchtbare Gespräche und warum wir beides brauchen

So ein Arbeitstag bringt gewisse Wechselbäder mit sich. Heute morgen sprach ich mit der theologischen Referentin einer großen Kirche über eine noch relativ junge charismatische Gruppierung in ihrem Zuständigkeitsbereich, die ihr einige Sorgen bereitet. Die Kritik konnte ich mühelos nachvollziehen. Sie sprach davon, dass dort eine Radikalität und enorme Intensität zur Norm erhoben wird, die keinen Raum mehr dafür lässt, dass sich die Art zu glauben und das Engagement im Laufe eines Lebens verändert und entwickelt. Stattdessen wird jedes Nachlassen des religiösen Eifers und jedes Abweichen von der „klaren“ Linie mit Schuldgefühlen belegt.

Genau das war der Grund, warum ich irgendwann anfing, mich als „Postcharismatiker“ zu bezeichnen. Mir wurde schmerzhaft bewusst, dass ich die ständig geforderte, vermeintlich „normale“ Betriebstemperatur auf Dauer nicht halten kann, ohne daran innerlich kaputt zu gehen und andere kaputt zu machen. Der Weg zu dieser Einsicht hat aber ein paar Jahre gedauert, und vielleicht findet die betreffende Gruppe ihn ja auch noch irgendwann und muss dann andere Formen und Erfahrungen nicht mehr abschätzig bewerten.

Das andere Gespräch betrifft das gleiche Frömmigkeitsspektrum, aber eine gegenläufige Entwicklung. Ein Pfingstpastor erzählte von seinen Kontakten zur ACK, den manchmal schwierigen Diskussionen im eigenen Lager wegen so mancher Berührungsängste und Vorurteile, aber vor allem von seiner Begeisterung über die Aufnahme dort und die Impulse, die sich im Miteinander entwickeln. Das finde ich immens spannend. Der Ökumene in Deutschland kann das nur gut tun, wenn die Pfingstbewegung dort eine Stimme hat, und für die Pfingstbewegung wird es auch ein Segen sein, wenn Gräben zugeschüttet und Distanz überbrückt wird.

Heute nachmittag dann die Trauerfeier für einen jungen Mann, der letzte Woche auf einer Radtour von einem PKW über den Haufen gefahren wurde. Gott und Kirche waren ihm und den meisten Freunden weitgehend fremd geblieben, und nur ein Teil der Trauergäste konnte oder mochte das Vaterunser mitsprechen. Aber auch die gänzlich unfrommen Abschiedsworte hatten eine große Tiefe und in dem gemeinsamen Reden, Zuhören und Nachdenken entstanden in wenigen Augenblicken ganz tiefe Verbindungen. Jeder spürte die Echtheit des anderen in dem schweren Moment des Abschieds.

Wenn wir über Ökumene nachdenken, über Wachstum und Wandel des Glaubens, über das Problem von Engführungen, Übereifer und anmaßenden Abgrenzungen, dann mit dieser Perspektive des Nachmittags: Wie können wir in solchen Momenten und mit solchen Menschen die gute Nachricht angemessen verkörpern und in Worte fassen?

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