Abgründe

Die Tragödie um Ted Haggard zieht ihre medialen Kreise. Ob die Politik in Gestalt der US-Kongresswahl eine Rolle spielt, ist dabei eigentlich egal. Der erste Stein ist längst geworfen. Interessanter als der Vorfall an sich sind die Reaktionen. Hier ein Ausschnitt:

  • Andrew Jones philosophiert über Dämonen in Hotelzimmern und schläft lieber im Zelt oder auf einem Sofa bei Freunden.
  • Mark Driscoll setzt sich in die Chauvi-Nesseln mit einem Kommentar über lustlose und ungepflegte Pastorenfrauen und zieht eine Liste von Verhaltensregeln aus der Tasche, die an Rick Warrens Ethikcode erinnern (den Ted Haggard vor ein paar Wochen sicher auch noch unterschrieben hätte).
  • Tim King plädiert in the ooze dafür, diesen Anlass zu nutzen, um die unterentwickelte Tugend der Barmherzigkeit wieder groß zu machen anstatt das schwarze Schaf mit Ablehnung und Verachtung zu strafen.
  • Gordon MacDonald ist zurückhaltender, was schelle Rehablilitation angeht; er erinnert daran, dass in jedem von uns destruktives Potenzial lauert: ein verborgener innerer “Attentäter”, der plötzlich zuschlagen kann, wenn man ihn aus den Augen lässt. Strengere Regeln allein helfen da nicht weiter (Danke, Gordon!). Er fragt weiter, wo die Evangelikalen in der Ära Bush vielleicht bedenkliche Schieflagen entwickelt haben.
  • Paul Mayers denkt in eine ähnliche Richtung, wenn er fragt, was mit dem System “Kirche” eigentlich nicht stimmt, dass solche Dinge immer wieder passieren.

Mir gehen beim Lesen eine Menge Dinge durch den Kopf: Meine eigenen Abgründe und wie ungern ich da hinein sehe; oder die Versuchung, den Anlass zu nutzen, um meine Lieblingstheorien bestätigt zu sehen und gegen Dinge zu schießen, die ich noch nie gut fand (nicht an Haggard, von dem wusste ich bisher so gut wie nichts, aber vielleicht an seinem Hintergrund). Also halte ich mich an meinen letzten Post und bin jetzt still.

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Die Klappe halten

Letzten Wochenende habe ich ein Fußballspiel meines Sohnes als Zuschauer verfolgt. Sie haben mit etwas Dusel gewonnen, aber das macht Bayern München ja auch. Nur schade, dass der Siegtreffer nicht als Wiederholung gezeigt wird…

Ich finde die anderen Eltern manchmal interessanter als das Spiel. Bei der Gastmannschaft war es diesmal so, dass der Trainer unten am Spielfeldrand stand und dezente Anweisungen an seine Schützlinge ausgab, die leider nicht den gewünschten Erfolg hatten. Dafür schrie ein Vater oben von der Tribüne p-a-u-s-e-n-l-o-s seine Kommandos über den Platz. Nicht nur an den eigenen Junior, sondern auch an andere kleine Kicker.

Meine Vermutung ist, dass die Jungs auf dem Platz gar nicht hören, was da einer schreit. Für die übrigen Eltern wäre es daher netter, wenn die Äußerungen dezenter ausfielen – wenigstens von der Lautstärke her. Torjubel und Applaus ausgenommen. Ich vermute weiter, der Trainer hätte auch nichts dagegen. Fast wäre ich hingegangen und hätte es unserem Alleinunterhalter gesagt. Aber dann dachte ich mir: einer muss es schaffen, hier mal die Klappe zu halten. Warum nicht ich?

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