plakative Fehlpässe

In der Erlanger Bahnhofsunterführung hängt ein Plakat, auf dem steht “Jesus ich vertraue dir”. Dazu im Nazarenerstil ein blasser, schmalzgelockter, bärtiger Jesus in ein Bettlaken gehüllt. Er scheint etwas leidenschaftslos zu leuchten. Alan Hirsch würde sagen, der verlässt die Kirche nie.

Dem soll ich also vertrauen? Ich muss gar nicht in die Haut der “ungläubigen” Adressaten solch frommer Werbung versetzen: Das wäre nicht der Typ, mit dem ich über Geld- oder Beziehungsprobleme reden wollte, nicht die Art Mensch, die ich eines Tages zu werden hoffe und träume.

Schlimmer: Es ist nicht der Jesus der Evangelien (jawoll – nicht einmal der des Johannes, der so lange Reden hält…), der Menschenaufläufe hervorruft, bei den Zöllnern zu Tisch sitzt, sich von einer Prostituierten die Füße salben lässt und sich mit dem irritierten Establishment anlegt.

Nein, diesem Jesus vertraue ich nicht. Und das ist gut so…

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nicht nur Hoffnung für die »Seele«…

Der Mensch hat seine Existenz nicht nur im Verhältnis zu sich selbst, sondern auch und zuerst im Verhältnis zu anderen und zur Natur. Es ist zu eng, »Existenz« allein im Selbstverhältnis des Menschen, nicht aber auch in seinem Sozialverhältnis und seinem leiblich-sinnlichen Verhältnis zur Natur zu sehen.
Christliche Eschatologie lehrt nicht nur Hoffnung für die »Seele«, das war das frühere Wort für »Existenz«, sondern auch für den Leib, nicht nur für den einzelnen, sondern auch für die Gemeinschaft, nicht nur für die Kirche, sondern auch für Israel, nicht nur für die Menschen, sondern auch für den Kosmos. Diese überindividuellen Hoffnungshorizonte kann man nur dann »mythologisch« nennen, wenn man an den Verhältnissen, über die sie gespannt werden, kein Interesse hat. Die Resignation auf das eigene Selbst ist kaum christlich zu nennen.

Jürgen Moltmann, Das Kommen Gottes: Christliche Eschatologie, S. 38

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