Gemeinden pflanzen

Am Donnerstag war ich zu Gast bei der Arbeitsgruppe “Gemeinde Pflanzen” der AMD. Etliche Mitglieder der Runde kannte ich schon, und es war toll, noch weiteren zu begegnen. Ein Überblick über die Projekte findet sich hier.

Wir haben als Leitungsteam immer wieder darüber gesprochen, dass wir gern dazu beitragen wollen, dass in den Landeskirchen viele neue, wachsende Gemeinden entstehen. Unsere Geschichte ist sicher sehr individuell, aber wir haben doch auch einiges gelernt, was anderen nützen könnte. Und es gibt etliche solche ungewöhnlichen Initiativen “von unten” wie uns!

Mein Eindruck ist, dass potenzielle Pioniere heute in der Regel nicht mehr Theologie studieren (egal wo – Uni oder “Bibelschule”), weil sie nicht Kirche verwalten, sondern die Welt verändern wollen. Oft haben sie mit Erfolg einen anderen Job begonnen (was nützlich ist, weil neue Gemeinden keine Hauptamtlichen finanzieren können), aber gleichzeitig brennt ihr Herz für Gemeinde und “Mission”, aber kein Weg scheint dort hin zu führen. Damit gehören sie kirchenrechtlich zu den Laien (übles Wort, auch wenn es ursprünglich “Krieger” heißt, aber eben eher Fußvolk bezeichnet). Die meisten Theologiestudenten, die ich kenne, sind nicht der Typ, der etwas “reißen” will oder könnte, eher gute Verwalter und Leute, die Bestehendes entwickeln. Brauchen wir ja auch.

Also haben wir drüber diskutiert, wie man solche Menschen findet und fördern müsste, z.B. mit einem berufsbegleitenden Studiengang. Die Heimatgemeinde wird das einfach nicht leisten können, da müssen alle zusammen helfen. Ich finde, sie müssten theologisch mehr wissen, als die kirchliche Prädikantenausbildung bietet. In manchen Dingen müssten sie sogar den “Volltheologen” (noch so ein kirchliches Unwort…) überlegen sein. Ein Studiengang mit Bachelor und Master wäre da gut, nur müsste der nun kirchlich “kompatibel” sein und den Anforderungen der späteren Aufgabe entsprechen. Das könnte noch ein paar Jahre dauern, wäre aber lohnend.

Ich denke mal, das Gespräch wird weitergehen. Die Anglikaner sind uns meilenweit voraus, aber das sollte uns um so mehr anspornen. Wer Ideen dazu beisteuern möchte – her damit…

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Knigge postmodern

Beim Deutschen Knigge-Rat hatte ich heute die Gelegenheit, einen kleinen Beitrag zum Thema “Postmoderne” einzubringen. Mancher meint nun bestimmt, weiter könnte man gar nicht auseinander liegen. Doch mit steifer Etikette hat der Knigge-Rat nicht viel am Hut, das wurde gestern recht deutlich. Ich denke, die Gemeinsamkeit findet sich in Werten wie dem sensiblen Umgang mit der Verschiedenartigkeit von Menschen und Kulturen. Zudem spielt so mancher postmoderne Zeitgenosse mit Elementen der Tradition, auch wenn er sie verfremdet oder neu kombiniert – auch bei Umgangsformen. Das Zeitalter der Wurstigkeit jedenfalls scheint vorbei.

Aber es hat auch eine künstlerische Seite, sich zwischen Familienkultur, Firmenkultur, Gemeindekultur und was sonst noch zu bewegen, und dort seine Rolle so zu spielen, dass man sich und anderen gerecht wird. Und dabei Werte wie Achtung konsequent zu leben. Mir ist dabei aufgefallen, dass viele unserer Grußformeln eigentlich Segenssprüche sind, ebenso wie das französische Adieu, das hebräische Shalom (oder arabisch Salam). “Guten Tag” fand ich schon immer reichlich fad im Vergleich zu “Grüß Gott”.

Vaclav Havel hat mal gesagt, in der Postmoderne sei “alles möglich und nichts gewiss” und dann darauf hingewiesen, dass wir nach allem Relativismus und aller Dekonstruktion wieder eine transzendente Begründung und Rekonstruktion von Werten brauchen, wenn wir nicht im Chaos oder Nihilismus enden wollen. Mal sehen, ob der Knigge-Rat einen Beitrag dazu leisten kann, diese spirituelle Seite der Werte-Diskussion herauszustellen. Wär‘ doch was.

Für LebensART am 7. Mai haben wir uns das Thema “Stil-Blüte” vorgenommen. Ich bin schon gespannt drauf. Wer sich einstimmen möchte, kann übrigens mal die PodCasts von Rainer Wälde anhören, zum Beispiel ein Interview mit Ulrich Wickert über Werte und Tugenden.

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