Wenn nur was käme und mich mitnähme

Foto von Juan Pablo Mascanfroni auf Unsplash

Ab und zu komme ich am Nürnberger Flughafen vorbei. An beiden Enden der Start- und Landebahn verläuft ein Zaun. Oft – fast immer – parken da Autos. Leute sitzen drin und schauen aufs Handy oder in die Gegend, bis wieder ein Flieger abhebt oder landet. 

Ich könnte mir jetzt lauschigere Plätzchen vorstellen als den Flughafenzaun, aber er scheint viele magisch anzuziehen. Treibt das Fernweh sie her, die Sehnsucht nach der großen weiten Welt? Weckt der Kerosingeruch wohlige Erinnerungen an den letzten Urlaub? Und spielt das Autoradio „Über den Wolken“, während die Wärme über der Rollbahn flimmert? Oder doch eher „Take Me on Your Mighty Wings“ aus dem Soundtrack von Top Gun?

Vielleicht braucht man das manchmal. Diese Vorstellung: Ich könnte jederzeit weg von hier. Ein großer Vogel nimmt mich mit und alles, was mich stresst, bleibt da. Eskapismus (die Flucht aus der Wirklichkeit in die Phantasie) ist auch gar nichts Neues. In Friedrich Rückerts Gedicht „Vom Büblein, das überall hat mitgenommen sein wollen“ hießt es wieder und immer wieder: „Wenn nur was käme und mich mitnähme!“

Die Menschen zu biblischen Zeiten kannten das Gefühl erdrückender Enge auch. Aber mir scheint, dass sie sich in solchen Situationen nicht wegträumten – jedenfalls nicht alle. In den Psalmen heißt es über Gott: „ Er führte mich hinaus in die Weite (…), denn er hatte mich lieb!“ Es gibt ja solche Begegnungen und Beziehungen, in denen ich Freiheit und Klarheit finde.

Raus aus der Enge und dem Druck – das geht auch ganz ohne Flughafen.

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Gefiederte Stammgäste

Die Mauersegler sind wieder da. Über 10.000 Kilometer weit sind sie geflogen, um hier Nester zu bauen und ihre Jungen aufzuziehen. Jetzt ziehen sie ihre Kreise über meiner Straße und ich höre ihre schrillen Rufe. 

Ich freue mich, sie zu sehen – und staune, wie diese kleinen Vögel diese gewaltige Entfernung zurücklegen, Jahr um Jahr. Ende Juli fliegen die ersten schon wieder zurück. Seit tausenden von Jahren ziehen sie ihre Bahnen am Himmel. Da ist noch etwas in Ordnung – ein uraltes, lebensfreundliches Muster.

Es ist durchaus ein Kompliment (und ein tröstliches Signal), dass die gefiederten Stammgäste uns immer noch jedes Jahr besuchen kommen. Klimakrise und Insektensterben machen es ihnen ja nicht leichter. Und doch halten sie uns die Treue. 

Vielleicht liegt es an dieser Treue, dass ich mir wünsche, wir wären Ihnen auch gute Gastgeber. Sie brauchen ja nicht viel: Geeignete Nistplätze an den Häusern, weniger Schadstoffe in Luft, Böden und Wasser.

Ich bin überzeugt, wenn wir dafür sorgen, tun wir nicht zuletzt uns selbst einen Gefallen. Ich hoffe, die neue Bundesregierung versteht das eines baldigen Tages auch noch. Bisher scheint sie Arten- und Klimaschutz eher als lästigen Kostenfaktor für die (Agrar-)Industrie zu verstehen. Sie sollte den Bestand der Mauersegler in ihre Kennzahlen aufnehmen und in ihre Entscheidungen einbeziehen.

(Bild: Walter Brunner auf Unsplash)

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