Vor ein paar Monaten hatte ich eine etwas heftigere Auseinandersetzung mit jemandem. Am Ende des Gesprächs, in dem mir einige Drohungen um die Ohren geflogen waren, entschuldigte sich mein Gegenüber: „Es tut mir leid, wenn ich dich verletzt habe“. Hatte er, und ich hatte das auch gesagt, nur die drohenden Worte wurden in dem Zusammenhang weder erwähnt noch zurückgenommen. Ich hatte das Gefühl, die unbestimmte Entschuldigung war eher als ein Anreiz an mich gedacht, mich meinerseits zu entschuldigen und dabei hoffentlich auch von meiner Position (von der ich nach dem Gespräch überzeugter denn je war) abzurücken.
Es gibt solche Entschuldigungen, die nur allzu deutlich verraten, dass der, der sie äußert, noch gar nicht verstanden hat, womit er andere verletzt oder ungerecht behandelt hat. Etwa die von Günter Oettinger, der sich nicht für seine missglückte Grabrede für Hans Filbinger, sondern lediglich deren Wirkung entschuldigt hat. Wenn ich dem anderen zu verstehen gebe, dass das eigentliche Problem aus meiner Sicht nicht mein Handeln, sondern seine Reaktion war (und das kann, wenngleich sicher nicht bei Oettinger, ja auch in dem einen oder anderen Fall zutreffen), dann sollte ich mich dafür nicht entschuldigen. Ein „tut mir leid, dass du dich so aufregst“ ist dann nur eine weitere Beleidigung.
Wirklich entschuldigen und um Vergebung bitten kann ich erst dann, wenn ich verstanden habe, was den anderen verletzt hat und meinen Fehler in der Angelegenheit sehen kann – selbst wenn es nur eine Teilschuld ist. Dass jemand etwas an mir auszusetzen hat und sich über eine Entschuldigung freuen würde, ist allein noch kein Grund. So verständlich das Bemühen im einen oder anderen Fall sein mag, Spannungen, deren Ursache man noch nicht durchschaut, durch eine „Entschuldigung“ zu vermindern: Wirklich auf dem Weg der Besserung ist eine Beziehung erst dann, wenn zu dem Bedauern über den Konflikt die Einsicht und der Wille zur Veränderung dazu kommt. Geduldiges Nachfragen hilft da im Zweifelsfall mehr.
Ich habe mir beim Nachdenken darüber vorgenommen, mich vielleicht in Zukunft seltener zu entschuldigen, aber dann richtig.