Scharfmacher auf allen Seiten

In den letzten Tagen habe ich von befreundeten Christen in der Türkei gehört, dass in ihrer Stadt ein islamistischer Kongress gegen christliche Gemeinden und Missionare stattfindet. Auf dem Plakat (das inzwischen verboten, aber nicht vollständig abgehängt wurde) war eine Schlange mit Kreuz um den Hals abgebildet. Steinwürfe auf das Gemeindehaus und Drohungen gab es ohnehin schon. Und an die Morde von Malatya erinnert sich jeder noch gut – denen ging offenbar ähnliche Propaganda voraus.

Die Entrüstung über solche Vorgänge blieb mir allerdings fast im Halse stecken, als ich gestern in der Tageszeitung von einem „christlichen“ Hilfswerk las, dessen Leiter in einem Spendenbrief kritisierte, dass Türken die deutsche Staatsangehörigkeit bekommen, und unterstellte, dass in allen (!) Moscheen gegen Deutsch gehetzt und für den Terror trainiert werde.

In beiden Fällen – hier wie in der Türkei – sind nun die Behörden aktiv geworden. Das ist gut zu wissen. Beunruhigend bleibt die Tatsache, dass es überall Scharfmacher gibt, und dass wohl auch im konservativen Christentum die Abgrenzungen am rechten Rand viel zu spät und viel zu lasch erfolgen. Wir können es uns gerade im Blick auch Christen in islamischen Ländern nicht leisten, dass der Unterschied zwischen den Parolen von Rechtsradikalen und einem „christlichen Missionswerk“ nicht mehr erkennbar ist. Wir können es uns – zumal als Nachfolger des Friedefürsten – auch nicht leisten, die Taten der Extremisten auf der einen Seite als Rechtfertigung für pauschale Verdächtigungen und Panikmache auf den anderen heranzuziehen.

Share