Selbstverleugner, oder: Blumen von Blume?

Wir leben in wahrhaft denkwürdigen Zeiten: Letzte Woche warf der Generalsekretär einer nominell christlichen Partei etlichen Kirchenleuten vor, sie seien „Selbstverleugner“.

Das muss man erst mal in den Kopf kriegen! Denn wenn man in die Evangelien schaut (gehen wir mal davon aus, das auch Markus Blume das gelegentlich tut), dann ruft Jesus dort ganz ausdrücklich zur Selbstverleugnung auf. Selbstverleugnung ist geradezu der Sinn des Kreuzes:

Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir. (Matthäus 16,24)

Das Kreuz steht ausdrücklich nicht für Selbstdurchsetzung und Dominanz, sondern für den Verzicht darauf. Damit steht es für den Verzicht auf eine öffentliche Symbolhoheit, die andere Standpunkte allenfalls gönnerhaft duldet. Folglich verbietet sich die angestrebte Verstaatlichung dieses Symbols, das daran erinnert, wie Gott zum Opfer staatlicher Gewalt (und aus der Sicht des Kaiserkultes übrigens auch zum „Religionsfeind“) wurde.

Jemanden, der nun genau diese Instrumentalisierung des Kreuzes durch das Kabinett Söder und die Verkehrung in sein Gegenteil kritisiert, als „Selbstverleugner“ zu betiteln, ist entweder ironisch oder ignorant.

Wenn es ironisch gemeint wäre, wäre es ein Kompliment an alle, die richtig reagiert und widersprochen haben. Blume ist auf ihrer Seite, aber Söder soll es nicht merken. Also redet er doppeldeutig. Richtig schwarzer Humor also.

Ignorant wäre es, wenn die Entfremdung der Abendlandretter von den Wurzeln, die zu bewahren sie behaupten, schon so weit fortgeschritten wäre, dass der Widerspruch zu den Worten Jesu gar nicht mehr auffällt. Dass sie also gar nicht mehr verstehen: Jemand, der sich selbst verleugnet und zurücknimmt, damit andere Raum haben, verleugnet den barmherzigen Gott gerade nicht, sondern bekennt sich zu ihm.

Es könnte freilich auch beides sein: Ignorant und (unfreiwillig) ironisch.

So oder so: Mit seiner Kritik hat der CSU-General seinen Gegnern das schönste und sachlich zutreffendste Kompliment gemacht.

Danke für die Blumen, Herr Blume!

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Liturgie und Kultur des Engagements

Ich hatte hier ja schon vor einem Jahr die unterschiedlichen Gottesdienstkulturen beschrieben, zwischen denen ich mich die letzten zwei Jahre bewegt habe. Einen Punkt habe ich dabei allerdings übergangen. Er taucht auch in den meisten Abhandlungen über Liturgik kaum auf: Die Ansagen oder „Abkündigungen“ (das Wort habe ich bisher nur in Kirchen gehört).

Elliot Sloman

In St. Leonhard bekommen die Gottesdienstbesucher*innen jeden Sonntag ein Blatt ausgeteilt, auf dem neben dem Predigttext und dem Wochenspruch die wichtigsten Informationen zu Kollekten, Taufen und Beerdigungen und besonderen Veranstaltungen der nächsten Zeit stehen. Da alle lesen können, wird dazu in aller Regel auch nichts mehr gesagt – weder vom Pfarrer noch von irgendwem sonst. Das ist maximale Effizienz.

Bei ELIA ist das ein Teil, der (trotz gegenteiliger Bemühungen) auch einmal ausufern kann. Man sieht unterschiedliche Gesichter, die zu Aktionen und Veranstaltungen einladen, es wird von vergangenen Ereignissen erzählt, an schon Gesagtes erinnert, ab und zu kommen auch Gäste zu Wort. Das ist manchmal nicht ganz effizient, gelegentlich entstehen gewisse Längen, aber es hat eine wichtige Funktion:

  • Erstens wird deutlich, dass das Gemeindeleben sich nicht im Gottesdienst erschöpft.
  • Zweitens spürt man, dass die Mitwirkung vieler nötig und erwünscht ist. Ein Ethos des Engagements wird gepflegt.
  • Drittens werden Gelegenheiten zum Gespräch und zur Nachfrage geschaffen. Wer Kontakt sucht, kann auf eine Person, die da vorne gestanden und gesprochen hat, zugehen und sich erkundigen. Oder an einer Sache hingehen, die beworben wurde.

Der Wert und Sinn von Abkündigungen besteht also darin, dass sich hier die Gemeinde immer wieder neu verabredet, Gottes Willen zu tun und an seinem Werk teilzunehmen. Das ist keine geringe Sache. Und wenn man für einen Augenblick den Gedanken von Tom Wright ernst nimmt, dass im Grunde die gottesdienstliche Liturgie den fünf Akten der offenen Geschichte Gottes folgt, und dass wir alle im letzten dieser fünf Akte leben und mitwirken, dann müsste jeder Gottesdienst, der sich ernst nimmt, solche Verabredungen enthalten. So wie jedes Bibelteilen vor dem abschließenden Gebet die Frage nach dem Handeln stellt, wenn es richtig läuft (und nicht alle zu früh schon zufrieden sind).

Es geht nicht um Information, sondern um Interaktion. Es geht um eine Kultur des Engagements. Das ist kein belangloser Anhang an die Verkündigung des Evangeliums, sondern ihre natürliche Wirkung.

So, und jetzt lasst uns überlegen, wie wir dieses gottesdienstliche Element möglichst ansprechend und schön gestalten. Falls jemand vorhat, ein Buch über Gottesdienstlehre zu schreiben (oder jemanden kennt, der daran arbeitet): Bitte dafür ein Kapitel einplanen, nicht nur ein paar Zeilen!

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Emergent Streiten

Streitkultur ist ja ein aktuelles Thema in Zeiten von Hatespeech und Filterblasen. Und nun fragt sich, ob das auch „emergent“ geht. Wenn ja, dann ist damit die Erwartung verknüpft, dass sich neue Perspektiven finden und einüben und gängige Alternativen wie die von lärmenden Streithanseln und säuselnden Streitvermeidern überwinden lassen.

Wer herausfinden möchte, ob sich dieser Anspruch einlösen lässt, kann zum bisher vielleicht rauflustigsten Emergent Forum im September nach Leipzig kommen. Ich bin selber neugierig, was uns dort erwartet.

Nebenbei: Dieses BEEF könnte auch Veganern schmecken. 

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Der Kampf um das Kreuz: Autoritäres Symbol oder Zeichen geschenkter Freiheit?

Bei seinem Auftritt auf der Landessynode hat sich der Ministerpräsident diese Woche als Befürworter von Kreuzen im öffentlichen Raum präsentiert. Alexander Jungkunz hat das in einem Kommentar für die Nürnberger Nachrichten mit dem Stichwort „Neue Kreuzritter“ aufgegriffen und an Carl Schmitt erinnert, der im letzten Jahrhundert die Devise ausgegeben hatte, man solle doch „die Wirkung Christi im sozialen und politischen Bereich unschädlich machen; das Christentum entanarchisieren, ihm aber im Hintergrund eine gewisse legitimierende Wirkung belassen und jedenfalls nicht darauf verzichten.“ Religion dient der Macht, nicht der Freiheit. Ergo basteln die Minister der CSU in München wie in Berlin an einer Politik, die Freiheiten von Minderheiten und Andersdenkenden unter dem Vorwand der Sicherheit einschränkt und dem Staat immer mehr Befugnisse erteilt, die willkürlich ausgeübt werden können. Das ergibt eine Annäherung an den Ausnahmezustand in Trippelschritten. Auch dieser Satz stammt nämlich von Schmitt: „Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet.“

Bei den Synodalen dürfte Söder damit kaum gepunktet haben, aber das ist wohl auch nicht seine Zielgruppe.

Das Kreuz als eine Art heimatliches Totem?

Dazu passt  ein selbstkritischer Text über den Evangelikalismus, den Mark Labberton vom renommierten Fuller Seminary jüngst veröffentlichte. Auch da ging es – unter anderem, aber an erster Stelle – um Macht. Sein Fazit zum Verhältnis von Evangelikalismus und Macht lautet: „Der offensichtliche Schulterschluss Evangelikaler mit einem Machtgebrauch, der auf Dominanz, Kontrolle und Überlegenheit setzt und den Sieg über Mitgefühl und Gerechtigkeit, bringt Jesus mehr mit den Strategien des römischen Kaisers in Verbindung als mit der guten Nachricht des Evangeliums.“ Er erwähnt das Kreuz hier nicht eigens, aber implizit wehrt sich auch Labberton gegen den Versuch, das Kreuz vor den Karren autoritärer Herrschaft zu spannen.

Dass dies kein rein amerikanisches Problem ist, zeigen die Diskussionen, die im frommen Spektrum überall da ausbrechen, wo nach einen Gottesbild und -Begriff gesucht wird, der Gottes Allmacht (und zwar exakt im Schmitt’schen Sinn von Souveränität, die an keine Verantwortung mehr gebunden ist und sich selbst legitimiert) zurücknimmt zugunsten seiner Barmherzigkeit, Liebe und Nähe zu einer leidenden Welt. Wann immer Gottes Macht und Liebe in Spannung zu einander geraten, löst diese theologische Tradition den Konflikt zugunsten der schrankenlosen Macht auf. „Gott“ droht zur Chiffre für einen reinen Machtkult zu degenerieren.

Auf katholischer Seite hat der DLF diese Entwicklung aktuell für Kroatien nachgezeichnet. Ein Kritiker sagt über den nationalkonservativen Kurs der Bischöfe dort: „Die Menschen wurden nicht ermutigt, mit dem eigenen Kopf zu denken, sondern sollten einfach einer Autorität folgen.“ Ein anderer spricht von einem opportunen „Fake-Katholizismus“, der auf einmal viele Anhänger findet.

Wenn wir das mit dem Kreuz wirklich ernst nehmen, dann darf es zu einem solch autoritären Stil in Kirche und Politik nicht kommen. Wir müssen besser verstehen und vermitteln, was Paulus meint, wenn er schreibt, dass die Schwachheit Gottes stärker ist, als die Menschen es sind. Wer menschliche Schwachheit verachtet, wer Macht nicht aus der Hand geben kann, wer auf Vergeltung sinnt für vergangene Kränkungen und Demütigungen, der hat Gott noch nicht verstanden – und schon gar nicht auf seiner Seite.

Zuletzt: Gibt man den Suchbegriff „weakness“ in die Bilderdatenbank von Unsplash.com ein, dann kommen erstens nur wenige Bilder und zweitens sind überall Frauen darauf. Das wirft die Frage auf, ob unsere Vorstellungen von Männlichkeit und unsere Vorstellungen von Macht (bzw. dem richtigen Umgang mit ihr) nicht ähnlich problematisch sind.

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„Christentum so aktuell wie nie“ – ein Rückblick auf zehn Jahre „Gott im Berg“

Vor zehn Jahren machten wir uns an die nicht ganz alltägliche Idee, in Erlangens längstem Bierkeller einen Kreuzweg einzurichten. Mit Kerzen beleuchtet (dieses Feature hatten wir uns von Friedrich Engelhard vom Entlas-Keller abgeschaut), dazu schleppten wir ein paar bunte LED-Lampen mit und ein paar Klemmleuchten für die Beschreibungen der Stationen, ein paar Stunden Aufbau – und fertig.

Wir hielten uns an die klassische Kreuzwegsstruktur von der Verhaftung/Veurteilung bis zur Grablegung. Der dreimalige Sturz sollte uns in den Folgejahren noch intensiv beschäftigen: Dieselbe Szene verlangt nach drei unterschiedlichen Zugängen, Darstellungen oder Inszenierungen. Ich glaube, zehn Jahre später bin ich echter Sturz-Experte, weil wir den Grundsatz haben, jede Idee immer nur zweimal hintereinander zu verwenden. Sprich: Etwa die Hälfte der Stationen ist jedesmal gegenüber dem Vorjahr verändert.

Beim ersten Mal klebten wir ein paar Plakate in der Stadt und schrieben eine Notiz für die Tageszeitung. Es kamen 600 Leute, für einen Karfreitagsgottesdienst (nichts anderes war der Kreuzweg) schon ganz anständig. Wir haben auf religiöse Binnensprache verzichtet, nur die Bibeltexte zu den unterschiedlich gestalteten Stationen gestellt und eine minimalistische Anleitung. Über den Weg verteilt, versuchen wir alle Sinne anzusprechen. Auch das ist immer wieder eine neue Herausforderung. Aber es funktioniert so, wie ich es jüngst bei Rowan Williams über die Regeln von Poesie gelesen habe: Es entsteht ein gewisser Druck, mit den erlaubten oder erwünschten Mitteln so kreativ umzugehen, dass dabei ungewöhnliche Einfälle herauskommen, die wir andernfalls vermutlich nie gehabt hätten. 2009 nannten wir das Ganze dann „Gott im Berg“. Denn der Berg ist in Erlangen gewissermaßen ein heiliger Ort.

Dieses Jahr waren es knapp 2.200 Personen. Hier sind ein paar der rund 300 Rückmeldungen aus dem Gästebuch:

  • „Gott begegnet mir im Berg – Danke!“
  • „Sinnlich, ergreifend, und unbeschreiblich schön“
  • „Seit vielen Jahren eine liebgewonnene Art, den Karfreitag zu begehen“
  • „Mitten ins Herz; vielen Dank!“
  • „Unglaublich schön! Nicht zu übertreffen. Wunderbar und traurige Momente.“
  • „Danke für diesen besonderen Weg mit und zu Jesus“
  • „Eine beeindruckende Erfahrung und eine Reise zu sich selbst und Gott“
  • „Allmählich gewinne ich wieder mehr Vertrauen zu Gott“
  • „Man kommt leer, man geht und wird voll. Ein Erlebnis!“
  • „Sehr cool und durchaus auch spirituell.“
  • „So sollte Kirche sein: Den Bezug zur Gegenwart herstellen. Dann ist Christentum so aktuell wie nie!“

Wir sind mitgewachsen über diese 10 Jahre.  Den Andrang zu bewältigen, den das steigende Interesse im Lauf der Jahre mit sich brachte, ist einigermaßen gelungen (zwischendurch musste ich z.B. mal einem begeisterten Pfarrer ausreden, für seine Kirchengemeinde eine Busfahrt zum Berg zu organisieren). Es hat sich ein Team gefunden, das von Ideen sprüht und intensiv um gute Umsetzungen ringt. Mischa Niedermann und Arno Werner kommen jedes Jahr aus der Schweiz und rücken alles sorgsam ins rechte Licht. Dazu kommen dann noch einmal rund 50 Helfer*innen, die an Gründonnerstag und Karfreitag den Einlass regeln und im Keller auf die Ordnung achten. Das ist viel Arbeit, aber wenn man miterlebt, wie bewegt und angerührt viele Gäste den Keller verlassen, dann weiß man auch, dass es das wert war.

Die Grundsätze (Minimalistische Texte, Niederschwelligkeit, Vermeidung von frommem Kitsch, zeitgemäße Sprache und Symbole, Sinnlichkeit, Sensibilisieren ohne zu Moralisieren) sind immer noch dieselben. Es ist ein meditativer Weg – das unterscheidet Gott im Berg deutlich vom eher pädagogischen Ansatz der Ostergärten. Wir wollen nicht so sehr zeigen, was damals war, sondern erfahrbar machen, wie und wo das, was mit Jesus geschah, heute geschieht. Es gibt keine Führungen, am besten geht jede(r) allein und schweigend.

Es war und ist ein langer und guter Weg. Und wir sind noch lange nicht am Ende.

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Homo incurvatus, oder: die Wahrheit auf den zweiten Blick

Samstagnachmittag im herrlichsten Sonnenschein. Am Flussufer sitzt ein Pärchen. Ich sehe sie im Vorbeiradeln aus dem Augenwinkel. Sie sitzt aufrecht da, das Gesicht der Frühlingssonne zugewandt. Er hockt daneben, in sich zusammengesunken, mit hängendem Kopf, und schaut in die andere Richtung.

Die gegensätzliche Körpersprache gibt Räsel auf: Gibt es Streit? Hat er Kummer und sie lässt das kalt?

Ich werfe noch einmal einen Blick zurück über die Schulter, und dabei verstehe ich, was da passiert: Er beugt sich nämlich über sein Smartphone. Weil die Nachmittagssonne so hell scheint, muss er dieser den Rücken zuwenden und möglichst wenig Streulicht zwischen sich und dem Display zulassen. Daher die gekrümmte Haltung.

Courtney Clayton

Unwillkürlich fühle ich mich an Luthers Wort vom „homo incurvatus in seipso“ erinnert. Da drüben sitzt buchstäblich ein ‘homo incurvatus‘. Die Verkrümmung rührt freilich vom Smartphone her und könnte gänzlich unschuldiger Natur sein: Vielleicht liest er den Bundesliga-Ticker, postet er ein Foto vom mitgebrachten Essen auf Instagram, plant er die Route für die nächsten Etappe des Ausflugs oder sucht die passende Playlist fürs Picknick.

Menschliche Verkrümmungen sind im Zeitalter des Smartphones gewiss nicht seltener geworden. Rein körperlich betrachtet, nehmen sie nachweislich zu. Für andere ist das Internet sowieso irgendwie der Anfang vom Ende der Welt, eine Art Sündenfall 2.0. Im Internet-Zeitalter finden solche schlichten Schwarz-Weiß-Malereien ein erstaunliches Echo.

Den aufrechten Gang muss man jedenfalls anders einüben. Genau hinzusehen, oder mal die Perspektive zu wechseln, bevor man Schlüsse zieht, könnte eine Möglichkeit sein.

Exakt zeitgleich zu dieser Szene rast in Münster ein Fahrzeug in eine Menschenmenge. Drei Menschen sterben, viele werden verletzt. Manche Zeitgenossen verlieren keine Zeit mit Fragen und Nachdenken, sie „kennen“ die Schuldigen, ohne überhaupt noch hinsehen zu müssen. Und sie denken gar nicht daran, die Perspektive zu wechseln.

Verkrümmte Seelen.

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Ein erster Umzug

Die letzten 150 Tage eines zentralen Lebensabschnitts laufen seit dieser Woche: 25 lange, intensive Jahre bei ELIA in Erlangen gehen dem Ende entgegen. Zeitgleich enden dann – vergleichsweise kurz und weniger aufwühlend – 30 Monate Vikariat in Nürnberg.

Zwei Drittel des zweiten kirchlichen Examens liegen hinter mir, in drei Wochen ist auch die letzte Prüfung überstanden. Das Dienstzeugnis ist geschrieben und  beschreibt (ohne Überraschungen), wo meine Begabungen liegen, was mich motiviert und wo mein Herz nicht ganz so aufgeregt schlägt.

Wenn also nicht noch etwas gravierend schief läuft, dann fängt im September ein neues Kapitel an. Ein großer, schwerer Abschied steht damit bevor und parallel dazu ein noch ein netter, kleiner. Beinahe täglich werde ich jetzt gefragt, ob ich schon weiß, wo ich ab Herbst dann bin. Aber das wird noch eine ganze Weile dauern. Mit der Ungewissheit lebe ich momentan ganz gut. Mal sehen, wie es sich anfühlt, wenn die Prüfungen kein Adrenalin mehr freisetzen. Immerhin – ich freue mich darauf, mich dann nicht mehr im Lehrlings- und Prüflingsstatus zu befinden. Das fühlt sich in der zweiten Lebenshälfte schon künstlich an, selbst wenn man dabei gut behandelt wird.

 

Clem Onojeghuo

Während des Wartens auf den Frühling habe ich eine Sache schon mal in Angriff genommen und diesen Blog auf meine private Domain umgezogen. Falls jemand mich also in eine Linksammlung aufgenommen hatte (und das weiterhin möchte), hier die neue URL:

www.aschoff-net.de/peregrinatio

Und sobald es wieder spruchreife Neuigkeiten gibt, findet Ihr sie hier.

Heute bleibt mir vor allem, mich beim Webteam von ELIA für die souveräne technische Unterstützung eines WordPress-Dilettanten zu bedanken. Ohne Euch wäre das Schreiben und Diskutieren über die letzten 13 Jahre nicht so unbeschwert möglich gewesen. Ich habe viel von Euch gelernt. Und wir bleiben verlinkt, auch und vor allem im Herzen!

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Ostern – lässt sich Freude anknipsen?

Christliche Osterfreude kann und darf ausgelassen sein. Manchmal denken wir, sie sollte das unbedingt sein, und dann wird mit etwas Bombast nachgeholfen. Daraus kann dann eine Kluft zwischen der erwarteten und der echten Freude entstehen, die anstrengend bis frustrierend ausfällt. Es klappt nicht so recht, den Schalter auf Partystimmung umzulegen.

Einen anderen Weg zeigt das Osterevangelium aus Johannes 20. Dort ist Maria Magdalena die erste, die am Grab erscheint, und die letzte, die es verlässt. Die anderen Akteure – namentlich Petrus und der Lieblingsjünger – rennen hin, sehen sich kurz um und sind schon wieder weg: Vermutlich um über ihre Feststellungen zu informieren, diese zu interpretieren und etwas zu initiieren. Dabei haben sie, wie Vers 9 beiläufig verrät, noch gar nichts verstanden.

Noch nichts verstanden hat auch Maria. Aber sie bleibt am leeren Grab: Nicht nur ist ihr der Herr genommen worden, sondern nun auch noch auch der Ort, an dem sie um ihn trauern kann. Weinend wirft sie einen erneuten Blick hinein. Und nun liegen da nicht nur die Leinenbinden, sondern es sitzen zwei Engel da, die nach dem Grund ihrer Traurigkeit fragen.

Weiter geht das Gespräch nicht, weil eine weitere Person im Grab erscheint. Maria richtet die nun Frage nach dem Verbleib des Leichnams an ihn. Sie geht an ihm vorbei wieder nach draußen; offenbar erwartet sie keine erhellende Auskunft mehr. Doch dann hört sie ihren Namen. Und alles ist anders.

Vielleicht ist das die Antwort auf die Osterfreude. Sie kommt stellt sich nicht zu einem bestimmten Datum von selbst ein, idealerweise am Sonntagmorgen zum Sonnenaufgang. Sie kommt, wenn ich am Grab warte, bis ich meinen Namen höre. Vielleicht sind alle anderen da schon wieder gegangen, vielleicht sind noch andere da, die uns nach meiner Trauer fragen. Vielleicht gebe ich irgendwann sogar die Erwartung auf, dass es hier noch etwas zu entdecken gibt, was mir hilft.

Schon im Weggehen hört Maria plötzlich ihren Namen. Und alles löst sich, als sie sich noch einmal umdreht und antwortet: „Rabbuni“.

Manchmal muss man einfach dableiben und warten.

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